Almuth Böhler, Klinikpfarrerin am Universitätsklinikum Marburg Foto: privat
Almuth Böhler, Klinikpfarrerin am Universitätsklinikum Marburg Foto: privat

Auf ein Wort

 

Auf Gottes Spuren durch den Sommer

 

Von
 Almuth Böhler

 

Waren Sie schon einmal im Winter an der Nordsee, liebe Leserinnen und Leser? Im Februar durfte ich diese Erfahrung machen, im Rahmen einer Fortbildung auf der Insel Norderney. Das Meer präsentierte sich von einer anderen Seite als im Sommerurlaub: Tosende Wellen in einem gleißenden, kalten Licht, die Gewalt des Sturms, der mir die Beine wegzuziehen drohte. „Naturerfahrung, Gotteserfahrung, Selbsterfahrung“ war das Motto der Tagung. Angesichts der überwältigenden Kräfte der Natur leuchtete dieser Zusammenhang unmittelbar ein. Alles um mich her erzählte von der Größe und Erhabenheit des Schöpfers. Und ich durfte mich umschlossen fühlen von seiner Gegenwart, ich, ein kleiner Mensch als Teil seiner großen Werke. Nun steht der Sommer vor der Tür. Die kommenden Monate bieten viel Gelegenheit, das Gefühl der Verbundenheit mit Gottes Schöpfung zu erneuern. Ob am Meer, in den Bergen oder auf den bekannten Wegen in und um Marburg, überall können wir Gottes Spuren entde - cken. Viele Menschen sagen: „In der Natur finde ich Gott. Dazu brauche ich keine Kirche und keinen Gottesdienst. Hier draußen bin ich Gott nahe.“ Diesen Menschen ihren Zugang zu Gott ausreden zu wollen, wäre verkehrt. „Von allen Seiten umgibst du mich“, staunte schon der Beter des 139. Psalms. Ja, Gott umgibt uns wie die Luft, die wir atmen. Wie sollten wir ihn nicht gerade in den Werken seiner Schöpfung suchen und auch finden können? Doch die Natur kann auch grausam und zerstörerisch sein. Wenn Gott sich im Sonnenaufgang offenbart, tut er das dann auch im Tsunami? Es stimmt: Die Wunder seiner Werke können und sollen wir bestaunen. Aber es gibt Orte, an die sich Gott in besonderer Weise gebunden hat. „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“, sagt Jesus im Matthäusevangelium (Mt 18,20). Vielleicht besuchen deshalb viele Menschen auf Reisen gerne Kirchen, obwohl sie dies zu Hause schon lange nicht mehr getan haben. Vielleicht ahnen sie, dass hier noch andere Gotteserfahrungen möglich sind. In der Gemeinschaft seiner Gläubigen, in der Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus, in Taufe und Abendmahl will Gott uns nahe kommen wie nirgends sonst. Hier kommen wir nicht nur seinen Schöpfungswerken, sondern seinem innersten Wesen auf die Spur: Seiner bedingungslosen Liebe zu uns Menschen. Einen erfüllten Sommer auf Gottes Spuren wünscht Ihnen Almuth Böhler, Klinikpfarrerin am Universitätsklinikum Marburg